Willkommen, Generation Knitterhals. Das Smartphone zwischen Ohr und Schulter geklemmt, tippt sie den halben Tag auf Tablets und Tastaturen ein, das Kinn strafft zur Brust, den Kopf andächtig geneigt.
So liest, arbeitet, mailt, liket, retweetet und pinnt das Volk. Stundenlang, von tags bis nachts.Damit tut es täglich alles, um sich einen knittrigen Schildkrötenhals zu züchten. Darüber hinaus entstehen durch diese Gewohnheiten ganz neue Haltungsschäden, denn Nacken, Rücken, Schultern, Handgelenke werden täglich über die Maßen und einseitig belastet.
Deshalb haben wir für euch (und uns) ein tägliches Mini-Programm für den schlanken, straffen, alterslos geschmeidigen Schwanenhals. Dazu benötigt ihr lediglich
– 1 bequemen, stabilen Stuhl mit fester Auflage und
– 10 Minuten pro Tag.
EINMAL BALLERINA-HALS, BITTE!
Der Hals hat eine sehr feine Haut mit wenigen Talgdrüsen (somit fehlt hier der als Sebum bekannte Lipidfilm, der die Haut schützt und geschmeidig hält). Vorn stützt den Hals nur ein flacher, tuchartiger Muskel, der Platysma. Er ist nicht am Knochen befestigt, sondern lediglich an den Halsfaszien. Ein untrainierter Platysma wirkt schneller schlaff, die Haut darüber neigt daher nicht nur zur Trockenheit, sondern auch zu verfrühter Faltenbildung.
Diese Zeichen der Zeit lassen sich leider nicht wegcremen. Aber die folgenden 5 sehr einfachen Übungen geben den Smartphone-Hälsen gezielt Kontra.
Alle Übungen macht ihr im Sitzen, die sehr einfachen Bewegungen sind kraftvoll, aber sanft und fließend auszuführen, sie folgen dem Atem. Je besser ihr euch auf die Muskeln und eure Empfindungen konzentriert, desto besser wird das Ergebnis.
Gegenanzeige: Schmerzen. Die Übungen solltet ihr als angenehm empfinden.
ÜBUNG 1: AUFWÄRMEN
Ausgangslage: Setzt euch auf die Handflächen, die Handinnenseiten liegen auf dem Sitz, die Finger zeigen zueinander. Der Kopf ist gerade, der Nacken lang und entspannt.
Diese Sitzposition zwingt euch sanft, den Rücken durchzudrücken, die Schultern leicht nach hinten zu drehen und die Schulterblätter zueinander zu bewegen. Der Atem fließt ruhig, der Brustkorb kann sich wunderbar weiten. Die Wirbelsäule ist maximal gelängt, vom 1. Halswirbel bis zum Steißbein. Bewusst und langsam atmen.
Sobald ihr nach ein paar Atemzügen einen Atemrhythmus gefunden habt, neigt ihr beim Ausatmen Kinn langsam so weit es geht zur Brust (Vorsicht: nicht ins Hohlkreuz fallen), beim Einatmen hebt ihr ihn wieder ganz behutsam, bis ihr an die Decke schaut. Ganz auf diese Bewegung und die Empfindungen im Hals konzentrieren. Der Mund und die Zähne bleiben dabei locker geschlossen.
5 – 10 Wiederholungen.
ÜBUNG 2: LIPPENBEKENNTNISSE
Ausgangslage: Der Rücken ist gerade, die Füße sind fest und aktiv auf dem Boden, die Hände liegen entspannt auf den Oberschenkeln oder im Schoß. Dann legt ihr den Kopf für die Dauer der Übung in den Nacken (der Mund bleibt locker geschlossen), bis der Hals vorne angenehm gedehnt ist.
Wichtig: Achtet darauf, dass ihr die Halswirbelsäule im Nacken dabei nicht zu sehr quetscht, sondern richtet einen Teil eurer Aufmerksamkeit darauf, dort während der gesamten Übung für Länge zu sorgen.
Jetzt kommt der Fun-Part, wenn ihr beim Ausatmen mit der Unterlippe die Oberlippe bedeckt. Je weiter Richtung Nase die Unterlippe kommt, desto besser – die Bewegung kommt dabei aus dem Halsmuskel, nicht aus der Unterlippe. Beim Einatmen den Hals wieder entspannen, bei der nächsten Ausatmung erneut Unterlippe Richtung Nase heben.
Bis zu 10 Wiederholungen im langsamen Atemrhythmus.
ÜBUNG 3: KRAFT AUFBAUEN
Ausgangslage: Ballt im Sitzen eine Hand zur Faust und drückt sie von unten sanft gegen das Kinn (wer den Ellenbogen dabei lieber an einer Tischkante abstützt, kann dies gerne tun). Kopf und Nacken sind gerade.
Nun stärkt ihr den Hals und wirkt einem Doppelkinn entgegen, indem ihr beim Ausatmen den Mund gegen die Widerstand der Faust langsam, behutsam, aber doch mit Kraft öffnet.
Achtung: Die Bewegung soll aus dem Hals entstehen, nicht aus dem Kiefer! Ihr bewegt dafür statt wie sonst den Unterkiefer den Oberkiefer, dadurch neigt sich der Kopf ein kleines bisschen zurück. Aber der Nacken macht NICHT die Arbeit. Ihr solltet auf der Halsvorderseite deutlich eine Spannung spüren.
10 bis 20 wiederholen. Ihr könnt nach der Hälfte auch die andere Faust nehmen.
ÜBUNG 4: DEHNEN UND STRAFFEN
Ausgangslage: Mit geradem Rücken sitzend, kreuzt ihr die Hände auf dem Dekolleté und drückt sie sanft gegen die Haut – damit haltet ihr eine ganz leichte Hautspannung aufrecht.
Der Mund und die Zähne bleiben locker geschlossen, der Kopf ist gerade.
Nun hebt ihr beim Ausatmen das Kinn soweit an, bis ihr eine angenehme Dehnung im Hals spürt. Kurz halten, einatmen und beim nächsten Ausatmen das Kinn wieder in die Ausgangslage senken.
5 – 10 Wiederholungen.
ÜBUNG 5: KÖNIGSDISZIPLIN HALTUNG
Jetzt gilt es, das angenehme Gefühl eines geschmeidigen, gedehnten, langen Halses zu festigen.
Ausgangslage: Den Rücken und den Kopf haltet ihr im Sitzen gerade, die Schulterblätter lasst ihr leicht neben der Wirbelsäule nach unten fließen. Der Atem ist ruhig.
Nun, ohne die entspannten Schultern aus ihrer nun beinahe königlichen Haltung zu lösen, legt ihr nur die Fingerspitzen auf die Schultern, um euch daran zu erinnern, sie bei der folgenden Bewegung nicht mit zu den Ohren zu ziehen.
Jetzt macht ihr den Hals sanft lang, indem ihr euch vorstellt, wie ihn vom Scheitel aus ein unsichtbarer Faden Richtung Decke hebt.
Haltet diese achtsame Streckung einige Atemzüge lang und spürt in die Haltung hinein. Sie darf sich ungewohnt, aber auf keinen Fall angestrengt oder gar schmerzhaft anfühlen, denn hier richtet ihr euch lediglich zu eurer normalen, gesunden Form und Länge auf.
Und nun schreitet los wie eine Ballerina und gönnt euch für jeden Blick ins smarte Gerät künftig auch eine Pause – und einen Blick auf die Wolken.
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